Zurück ins pralle Leben? Die bemalten Grabkammern der Etrusker

Den Schwerpunkt unserer Betrachtung bildet die Nekropole Monterozzi in Tarquinia, wo sich die meisten der farbenprächtigen unterirdischen Wandmalereien befinden. Einfach zu interpretieren sind diese nicht: Der Etruskologe Stefan Steingräbe beklagt eine „exzessive Simplification“, die der Komplexität der Darstellungen nicht gerecht werde. Fanden die feucht-fröhlichen Bankette nach Vorstellung ihrer antiken Betrachter im Diesseits oder im Jenseits statt? Wer war der maskierte Mann mit bissigem Hund, dessen Namen Phersu wir durch eine Beischrift kennen? Ein Unterweltsgott? Ein Gladiator? Manche Bilder erscheinen uns heute abwegig bis provokativ: Was haben hetro- und homosexuelle Geschlechtsakte in Grabkammern zu suchen? Und warum verrichtet ein namentlich genannter Sklave seine Notdurft schamlos auf einer Grabeswand? Hinter der Gestaltung der Grabstätten stehen jeweils Lebenserfahrungen und Glaubensvorstellungen, deren Rekonstruktion wir in diesem Seminar versuchen wollen. Da die Wandmalereien von der Mitte des 6. bis ins 2. Jh. v. Chr. reichen, ist dabei dem politischen und religiösen Wandel Rechnung zu tragen, den mediterrane Welt in diesem Zeitraum erfuhr.