Moralismus

Moralismus ist so etwas wie eine aus den Fugen geratene Moral, ein falsches Moralisieren, das selbst zum Gegenstand berechtigter moralischer Kritik wird. Ohne Moral ist kein menschliches Zusammenleben möglich; es ist aber auch wichtig, dass die Moral nicht alle Lebensbereiche durchdringt. Man kann Moral auch zu wichtig nehmen. Maßlose Kritik sich selbst und anderen gegenüber (Shitstorm) sind Beispiele. Typisch für moralistischen Rigorismus ist auch die Vereinfachung, die keine Grautöne zulässt, sondern nur eine manichäische Sicht auf moralische Konflikte zulässt. Der Moralismus neigt also zum Ressentiment, das nach Nietzsche der eigenen Selbsterhöhung dient. Die Frage ist natürlich, wann moralische Kritik moralistisch wird. Wie kann man den Moralismus genauer fassen? Wo sind die Grenzen der Moral zu ziehen? Wir werden diesen Fragen systematisch und auch anhand aktueller Beispiele (Veganismus, Migration, Online-Kommentar, Konsum, Meinungsfreiheit u.a.) nachgehen.

Neuhäuser, Christian u. Seidel, Christian (Hg.), Kritik des Moralismus, Berlin 2023.